Übersicht über das Arbeitsrecht

Übersicht über einige wichtige Themen im Arbeitsrecht

Inhalt

    Arbeitsvertrag

    Flexible Gestaltung

    Arbeitsverträge können flexibel gestaltet werden, um den Bedürfnissen des Betriebes und allenfalls auch des Arbeitnehmers gerecht zu werden. Zwingende Bestimmungen des Obligationenrechts und des Arbeitsgesetzes sind einzuhalten. Ist ein Gesamtarbeitsvertrag anwendbar, ist auch dieser einzuhalten.

    Form

    Arbeitsverträge können mündlich oder schriftlich abgeschlossen werden. Gesamtarbeitsverträge können die Schriftform festlegen. Die Schriftform ist empfehlenswert zur Schaffung von Klarheit und Sicherheit (bspw. Dauer der Probezeit, Pensum, Lohn, Ferien etc.).

    Stundenlohn

    Bei Arbeitsverträgen im Stundenlohn ist der Stundenlohn und der Zuschlag für Ferien festzulegen und auf den Lohnabrechnungen auszuweisen. Der Ferienzuschlag beträgt 8.33% bei vier Wochen Ferien pro Jahr, bei fünf Wochen beträgt er 10.64%.

    Höhere leitende Angestellte

    Als höhere leitende Angestellte gelten Arbeitnehmende, welche Entscheide in wesentlichen Angelegenheiten des Unternehmens selbständig fällen können und welche für den Geschäftsgang oder die Struktur des Unternehmens entscheidend sein können.

    Arbeit auf Abruf

    Arbeit auf Abruf kann so ausgestaltet werden, dass der Arbeitnehmer Abrufe zu befolgen hat (echte Arbeit auf Abruf). Der Arbeitnehmende darf im Hinblick auf mögliche Einsätze keine andere Arbeit annehmen. Grundsätzlich ist die Wartezeit zu entschädigen. Möglich ist auch Arbeit auf Abruf ohne Befolgungspflicht des Arbeitnehmenden (unechte Arbeit auf Abruf). Der Arbeitnehmer muss sich nicht bereit halten und darf andere Arbeit annehmen. Es besteht keine zu entschädigende Wartezeit.


    Lohn

    Mehrarbeit und Lohnzuschläge

    Bei Mehrarbeit sind die geleisteten Mehrstunden grundsätzlich (mit Zuschlag) abzugelten oder durch Freizeit von gleicher Dauer zu kompensieren (Art. 321c OR). Bei Kadermitarbeitenden und Führungspersonen wird oft vereinbart, dass sämtliche Mehrarbeit durch die Abgeltungsleistungen des Arbeitgebers (Lohn, Boni etc.) abgegolten sind.

    Überstunden sind diejenigen Stunden, welche die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit überschreiten (wurden 40 Stunden pro Woche vereinbart, sind die Mehrstunden Überstunden). Überzeit ist diejenige Zeit, welche die Höchstarbeitszeit nach Arbeitsgesetz überschreitet (Art. 9 ArG). Überzeit ist durch Freizeit auszugleichen oder mit einem Zuschlag zu entschädigen (Art. 13 ArG).

    Gratifikation, Bonus

    Eine Gratifikation ist eine freiwillige Zahlung des Arbeitgebers, zu welcher er nicht verpflichtet ist. Entsprechend besteht kein Anspruch.

    Der Bonus ist im Gesetz nicht geregelt. Abzugrenzen ist, ob der Bonus ganz oder teilweise als Lohnzahlung oder als Gratifikation zu qualifizieren ist. Ein Bonus wird eher als Gratifikation qualifiziert, wenn die Ausrichtung im Ermessen des Arbeitgebers liegt. In diesem Fall besteht kein Anspruch.

    Wurde die Ausrichtung des Bonus dagegen vom Eintritt von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht (bspw. Erreichen eines Umsatzziels), hat er eher Lohncharakter und es besteht ein Anspruch.

    Als Bonus werden in internationalen Unternehmen und Konzernen oft Optionen oder Aktien zugesprochen, über welche der Arbeitnehmer erst nach einer Wartefrist (vesting period) verfügen kann. Oft enthalten die Bedingungen des Beteiligungsplans besondere Regeln für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Optionen oder Aktien, welche als Anreiz für künftige Leistungen zugeteilt werden, können unter Umständen verfallen.

    Lohnfortzahlung

    Bei unverschuldeter Abwesenheit des Arbeitnehmers aus Gründen, die in seiner Person liegen (bspw. Krankheit oder Unfall) hat der Arbeitgeber den Lohn für eine gewisse Dauer weiter zu zahlen (Art. 324a OR). Das Gesetz legt die Dauer nur für das erste Dienstjahr fest. In der Praxis haben sich Tabellen ausgebildet (Zürcher Skala, Basler Skala und Berner Skala).

    Besteht eine Krankentaggeldversicherung, übernimmt diese die Lohnfortzahlung i.d.R. nach einer Wartezeit (Karenzfrist). Der Arbeitgeber hat den Lohn während der Karenzfrist ohne besondere Vereinbarung im Arbeitsvertrag zu 100% zu zahlen. Zulässig ist die Vereinbarung, dass die Lohnfortzahlung in gleicher Höhe erfolgt wie die Versicherungsleistungen (bspw. 80%).

    Die Unfallversicherung ist obligatorisch. Der Umfang der Lohnfortzahlung ist mindestens 80%.


    Ferien und freie Tage

    Ferien

    Gesetzlich besteht ein Anspruch auf vier Wochen Ferien pro Jahr, bis zum 20. Altersjahr fünf Wochen (Art. 329a OR). Gesamtarbeitsverträge können andere Mindestansprüche festlegen. Die Parteien können längere Ferien vereinbaren.

    Der Bezug von Ferien ist zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abzusprechen.

    Ende Jahr nicht bezogene Ferien werden auf das Folgejahr übertragen. Bei erneutem Ferienbezug werden zuerst die ältesten Ferientage bezogen. Vereinbarungen, wonach der Ferienanspruch nach einem bestimmten Zeitpunkt verfällt, sind nicht gültig.

    Keine Abgeltung während laufendem Arbeitsverhältnis

    Ferien dürfen grundsätzlich nicht durch Geld abgegolten werden (Art. 329d Abs. 2 OR). Bei Arbeitsverhältnissen im Stundenlohn (unregelmässige Arbeitszeiten) wird die Abgeltung der Ferien jedoch zugelassen.

    Auszahlung am Ende des Arbeitsverhältnisses

    Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind die Ferien auszuzahlen, wenn sie nicht bezogen werden können. Da der Arbeitnehmende mehr gearbeitet hat als nach Vertrag geschuldet ist, erwirbt er für die zusätzlich geleisteten Arbeitstage einen zusätzlichen Ferienanspruch. Bei der Berechnung der Ferienentschädigung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird ein allfällig vereinbarter dreizehnter Monatslohn eingerechnet. Auszugehen ist deshalb vom Jahreslohn. Die Ferienentschädigung berechnet sich nach folgenden Formeln:

    Zur Berechnung der Anzahl durchschnittlicher Arbeitstage pro Jahr gibt es zwei Berechnungsformeln:

    Bei einer 5-Tage-Woche werden die Anzahl Wochen pro Jahr mit der Anzahl Arbeitstage pro Woche multipliziert, womit das Jahr 260 Arbeitstage hat (52 x 5 = 260). Hierbei wird davon ausgegangen, dass der 365. Tag ein Samstag oder Sonntag ist. Nach dieser Berechnung resultieren durchschnittlich 21.67 Arbeitstage pro Monat (260 : 12 = 21.67). Bei der Berechnung des Wertes eines Ferientages wird in der Praxis meist von dieser Berechnungsmethode ausgegangen.

    Da das Jahr nicht genau 52 Wochen hat (52 x 7 = 364), wird zur obigen Formel ein Tag dazu gezählt und man kommt auf 261 Arbeitstage im Jahr (52 x 5 + 1 = 261). In diesem Fall geht man davon aus, dass der 365. Tag ein Arbeitstag ist. Nach dieser Berechnung resultieren 21.75 Arbeitstage im Monat (261 : 12 = 21.75).

    Ferienlohn in Prozenten des Jahreslohns Y% = Anzahl geschuldete Ferientage : (Anzahl durchschnittliche Arbeitstage pro Jahr – Anzahl geschuldete Ferientage).

    Bei vier Wochen (20 Tage) Ferien pro Jahr: 8.33 % = 20 : (260 – 20)

    Bei fünf Wochen (25 Tage) Ferien pro Jahr: 10.64% = 25 : (260 – 25)

    Wert eines Ferientages: Y% x Jahreslohn : Anzahl Ferientage pro Jahr.

    Wert der nicht bezogenen Ferien: Wert eines Ferientages x Anzahl nicht bezogene Ferientage.

    Freie Tage und freie Stunden

    Arbeitnehmende haben Anspruch auf mindestens einen freien Tag (i.d.R. Sonntag) pro Woche (Art. 329 OR). Üblich sind zwei freie Tage pro Woche (i.d.R. Samstag und Sonntag).

    Das Gesetz sieht vor, dass Arbeitnehmenden die üblichen freien Stunden und Tag zu gewähren sind. Nicht ausdrücklich geregelt sind die Anlässe für freie Tage (Umzug, Hochzeit etc.). Diese können sich aus einem Gesamtarbeitsvertrag ergeben. In den anderen Fällen ist es empfehlenswert, diese im Arbeitsvertrag zu regeln.

    Bei Kündigung des Arbeitsvertrages ist dem Arbeitnehmenden die nötige Zeit für das Aufsuchen einer anderen Arbeitsstelle zu gewähren (Vorstellungsgespräche).

    Arbeitgeber und Arbeitnehmender können den Bezug eines unbezahlten Urlaubes vereinbaren. Während des unbezahlten Urlaubs hat der Arbeitnehmer keinen Lohnanspruch. Im Einzelfall zu prüfen ist die Regelung der Fortsetzung der Unfallversicherung und allenfalls auch der Leistung der Pensionskassenbeiträge und wer für die Prämien respektive Beiträge aufkommt.

    Mutterschaftsurlaub

    Nach der Geburt haben Abeitnehmerinnen Anspruch auf einen Mutterschaftsurlaub von mindestens 14 Wochen (Art. 329f Abs. 2 OR). Während dieser Zeit wird die Mutterschaftsentschädigung ausgerichtet (Art. 16c Abs. 2 EOG).

    Muss das Kind hospitalisiert werden, verlängert sich der Mutterschaftsurlaub um die verlängerte Dauer der Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung (Art. 329f Abs. 2 OR). Die Dauer der Ausrichtung der Mutterschaftsentschädigung wird um die Dauer des Spitalaufenthalts, längstens um 56 Tage, verlängert, wenn das Kind unmittelbar nach der Geburt während mindestens zwei Wochen im Spital verweilt und die Mutter beschlossen hatte, nach Ende des Mutterschaftsurlaubes wieder zu arbeiten (Art. 16c Abs. 3 EOG).

    Bei Frauen, welche infolge Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit nicht arbeiten können, verlängert sich der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung unter gewissen Umständen ebenfalls (Art. 16c Abs. 4 EOG i.V.m. Art. 29 und 30 EOV).

    Vaterschaftsurlaub

    Der Arbeitnehmer, der im Zeitpunkt der Geburt des Kindes dessen rechtlicher Vater ist (Verheiratete) oder innerhalb von sechs Monaten wird (Anerkennung des Kindes), hat Anspruch auf einen Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen. Der Vaterschaftsurlaub muss innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt bezogen werden, wobei er wochenweise oder tageweise bezogen werden darf (Art. 329h OR).

    Betreuungsurlaub

    Der oder die Arbeitnehmende, deren Kind wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigt ist, haben Anspruch auf höchstens 14 Wochen Betreuungsurlaub, sofern sie Anspruch auf eine Betreuungsentschädigung nach Art. 16n bis 16s EOG haben (Art. 329j OR). In den Art. 16n bis 16s EOG werden die Voraussetzungen an die / den Arbeitnehmenden und wann ein Kind als gesundheitlich schwer beeinträchtigt gilt, definiert. Nur ein Elternteil hat Anspruch auf eine Betreuungsentschädigung und als Folge davon auf einen Betreuungsurlaub.


    Beendigung

    Befristete und unbefristete Arbeitsverhältnisse

    Befristete Arbeitsverhältnisse enden ohne Weiteres mit Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer. Eine Kündigung ist nicht nötig. Wird das Arbeitsverhältnis über die vereinbarte Dauer hinaus fortgesetzt, liegt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vor.

    Unbefristete Arbeitsverhältnisse enden durch Kündigung, einvernehmliche Beendigung, Tod des Arbeitnehmers oder Erreichen des Pensionsalters.

    Kündigung im Allgemeinen

    Die Kündigung eines Arbeitsvertrages ist grundsätzlich formfrei möglich. Die Kündigung kann somit mündlich, schriftlich, per E-Mail oder sogar Textnachricht (SMS etc.) ausgesprochen werden.

    Aus Beweisgründen ist es empfehlenswert, die Kündigung stets schriftlich abzufassen und per Einschreiben zu senden oder bei Übergabe vom Empfänger den Empfang bestätigen zu lassen.

    Schreibt der Arbeitsvertrag für die Kündigung eine bestimmte Form vor (bspw. Schriftlichkeit), ist diese einzuhalten. Schreibt der Arbeitsvertrag auch eine bestimmte Art der Zustellung vor (bspw. Einschreiben), ist auch diese einzuhalten. Bisweilen ist bei solchen Klauseln unklar, ob es sich um eine Gültigkeitsvorschrift oder eine Beweisvorschrift handelt. Im ersten Fall ist die Kündigung nur gültig, wenn die Form und Zustellungsmethode eingehalten wurden, im zweiten Fall kann die Kündigung und deren Zustellung auch auf andere Weise bewiesen werden. Im Zweifelsfall ist die schriftliche Kündigung mit Zustell- oder Empfangsnachweis empfehlenswert.

    Die Kündigung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Als solche entfaltet sie erst Wirkung, wenn sie dem Empfänger zugestellt wurde oder zumindest in seinen Machtbereich gelangt ist und er die Möglichkeit hat, von ihr Kenntnis zu nehmen.

    Die Zustellung der Kündigung hat Wirkungen für den Beginn des Laufes der Kündigungsfrist. Wird eine Kündigung zu spät versandt, trifft sie nicht mehr vor Ende Monat beim Empfänger ein. Damit beginnt die Kündigungsfrist einen Monat später und das Arbeitsverhältnis läuft einen Monat länger. Wird die Kündigung nicht rechtzeitig vor Ablauf der Probezeit zugestellt, gilt die ordentliche Kündigungsfrist und nicht mehr die kurze Kündigungsfrist während der Probezeit.

    Eine per Einschreiben versandte Kündigung gilt als zugestellt am ersten Tag, an dem der Empfänger sie erstmals bei der Post abholen könnte, in der Regel einen Tag nach Zustellung der Abholungseinladung (Zustellfiktion).

    Die Kündigung muss begründet werden, wenn die andere Partei dies verlangt (Art. 335 Abs. 2 OR).

    Ordentliche Kündigung

    Bei der ordentlichen Kündigung ist die im Vertrag vereinbarte Kündigungsfrist einzuhalten, wobei die gesetzlichen oder allenfalls in einem GAV vorgesehenen Mindestkündigungsfristen zu beachten sind (Art. 335c OR).

    Wird die Frist nicht eingehalten, entfaltet die Kündigung auf denjenigen Termin Wirkung, auf den das Arbeitsverhältnis hätte gekündigt werden dürfen.

    Fristlose Beendigung

    Fristlose Kündigung

    Eine fristlose Kündigung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus wichtigen Gründen ist grundsätzlich möglich. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Treu und Glauben nicht zumutbar ist (Art. 337 OR). Als wichtiger Grund gilt bspw. das Begehen von Straftaten gegen den Arbeitgeber durch den Arbeitnehmer (Diebstahl, Veruntreuung etc.). Die unverschuldete Hinderung des Arbeitnehmers ist kein wichtiger Grund.

    Die Rechtsprechung ist bei der Annahme eines wichtigen Grundes respektive einer Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses streng. Gelangt das Gericht zum Ergebnis, dass kein wichtiger Grund vorlag, hat der fristlos kündigende Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den auf die Kündigungsfrist entfallenden Lohn und in der Regel eine Entschädigung von bis zu sechs Monatslöhnen zu zahlen (Art. 337c OR).

    Aus diesen Gründen ist es empfehlenswert, sich vor einer fristlosen Kündigung genau über die von der Rechtsprechung zugelassenen wichtigen Gründe zu informieren.

    Nichtantritt oder Verlassen der Stelle

    Tritt der Arbeitnehmende ohne wichtigen Grund die Stelle nicht an oder verlässt er sie fristlos, kann der Arbeitgeber eine Entschädigung von einem Viertel eines Monatslohns verlangen. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber Schadenersatz verlangen (Art. 337d OR). In der Praxis ist der Beweis des Schadens für den Arbeitgeber oft schwierig zu erbringen.

    Die Gerichte nehmen nicht leichthin ein fristloses Verlassen der Stelle durch den Arbeitnehmer an, sondern verlangen Klarheit, dass der Arbeitnehmer keine Absicht hat, zurückzukommen.

    Kündigungsschutz (Sperrfristen)

    Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitgebende das Arbeitsverhältnis nicht kündigen (Art. 336c OR):

    • während der Arbeitnehmende obligatorischen Militär-, Schutz- oder Zivildienst sowie in den vier Wochen vor und nach dem Dienst, wenn der Dienst mehr als elf Tage dauert
    • während der Arbeitnehmende ohne eigenes Verschulden infolge Krankheit oder Unfall an der Arbeitsleistung verhindert ist (im ersten Dienstjahr während 30 Tagen, ab zweitem bis fünftem Dienstjahr während 90 Tagen, ab sechstem Dienstjahr während 180 Tagen; danach darf gekündigt werden)
    • während der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Geburt
    • vor dem Ende eines verlängerten Mutterschaftsurlaubes infolge Hospitalisation des Kindes (Art. 329f Abs. 2 OR)
    • solange der Anspruch auf Betreuungsurlaub nach Art. 329j OR besteht, längstens während sechs Monaten ab Beginn der Rahmenfrist
    • während der Arbeitnehmende mit Zustimmung des Arbeitgebers an einer von einer zuständigen Bundesbehörde angeordneten Dienstleistung für eine Hilfsaktion im Ausland teilnimmt

    Eine Kündigung, die während dieser Sperrfristen ausgesprochen wird, ist nichtig und das Arbeitsverhältnis läuft weiter. Wurde die Kündigung vor Beginn der Sperrfrist ausgesprochen, wird der Lauf der Kündigungsfrist unterbrochen und läuft nach Beendigung der Sperrfrist weiter.

    Gilt für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Endtermin (Ende eines Monats oder einer Arbeitswoche), verlängert sich die Kündigungsfrist bis zum nächstfolgenden Termin.

    Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitnehmende das Arbeitsverhältnis, wenn der Vorgesetzte oder Arbeitgeber aus den Gründen in Art. 336c Abs. 1 lit. a OR verhindert ist und der Arbeitnehmende dessen Tätigkeit zu übernehmen hat (Art. 336d OR). Diese Bestimmung hat kaum praktische Bedeutung.

    Missbräuchliche Kündigung

    Eine Kündigung ist missbräuchlich, wenn sie vom Arbeitnehmenden oder Arbeitgebenden aus bestimmten Gründen ausgesprochen wird (Art. 336 OR). In der Praxis kommt oft die sog. Rachekündigung vor, mithin eine Kündigung, weil die andere Partei in guten Treuen einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht. Meist betrifft die Rachekündigung den Arbeitnehmenden.

    Die Missbräuchlichkeit einer Kündigung hat nicht deren Aufhebung und die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses zur Folge. Das Arbeitsverhältnis gilt als beendet.

    Dem missbräuchlich Gekündigten steht lediglich eine Entschädigung zu. Die Entschädigung beträgt maximal sechs Monatslöhne, ausser es handelt sich um eine Massenentlassung, in welchem Fall die Entschädigung höchstens zwei Monatslöhne beträgt (Art. 336a OR). In der Praxis wird die Entschädigung nach Dauer des Arbeitsverhältnisses, Schwere des Eingriffs in die Persönlichkeit, Grad der Missbräuchlichkeit und weiteren Kriterien festgelegt. Je kürzer das Arbeitsverhältnis, desto tiefer die Entschädigung. Entschädigungen von mehr als vier Monatslöhnen kommen selten vor.

    Muss die Entschädigung vor Gericht durchgesetzt werden, muss die klagende Partei die Missbräuchlichkeit und alle Umstände für die Bemessung der Entschädigung beweisen. Dieser Beweis ist nicht immer leicht zu führen.

    Die Aufzählung der Missbrauchstatbestände im Gesetz ist nicht abschliessend. Eine Kündigung gilt unter anderem dann als missbräuchlich, wenn sie ausgesprochen wird:

    • wegen einer Eigenschaft, die der anderen Partei kraft ihrer Persönlichkeit zusteht (Geschlecht, Hautfarbe, Ethnie, Religion etc.), es sei denn diese Eigenschaft stehe in einem Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis oder beeinträchtige wesentlich die Zusammenarbeit im Betrieb
    • ausschliesslich um die Entstehung von Ansprüchen der anderen Partei aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln (bspw. um zu verhindern, dass der Arbeitnehmende einen Anspruch auf ein Dienstaltersgeschenk erwirbt)
    • weil die andere Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht (sog. Rachekündigung; bspw. weil der Arbeitnehmende eine Lohnforderung geltend macht)
    • im Rahmen einer Massenentlassung, ohne dass die Arbeitnehmervertretung oder, falls es keine solche gibt, die Arbeitnehmer, konsultiert worden sind (Art. 335f OR)

    Kündigung in der Probezeit

    Während der Probezeit darf das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von sieben Tagen gekündigt werden; der erste Monat gilt als Probezeit (Art. 335b OR).

    Eine längere (höchsten drei Monate) oder kürzere Probezeit und eine längere oder kürzere Kündigungsfrist können schriftlich vereinbart oder in einem Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag vorgesehen sein.

    Bei befristeten Arbeitsverträgen muss eine Probezeit ausdrücklich vereinbart werden.

    Wird der Arbeitnehmende während der Probezeit infolge Krankheit oder Unfall an der Arbeitsleistung gehindert, greift der Kündigungsschutz von Art. 336c OR nicht. Eine Kündigung ist zulässig.

    Kündigung vor Stellenantritt

    Die Kündigung vor Stellenantritt ist im Gesetz nicht geregelt, wird in der Praxis jedoch als zulässig angesehen.

    Der Arbeitgebende wird in der Regel kein Interesse daran haben, den Arbeitnehmenden während der Kündigungsfrist der Probezeit zu beschäftigen und der Arbeitnehmende wird normalerweise auch kein Interesse daran haben, während der Kündigungsfrist der Probezeit zu arbeiten.

    Unter gewissen Umständen kann die kündigende Partei aus culpa in contrahendo schadenersatzpflichtig werden.

    Aufhebungsvereinbarung und Freistellung

    Arbeitsverhältnisse können in gegenseitigem Einvernehmen auf einen beliebigen Termin und ohne Einhaltung einer Frist aufgehoben werden (Art. 115 OR). Der Anlass dazu kann sein, dass die Parteien einsehen, dass es für beide besser ist, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Möglich ist bspw. auch, dass der Arbeitnehmer eine andere Stelle antreten will und vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis entlassen werden will.

    Mit der Aufhebung des Arbeitsvertrages ohne Einhaltung der Kündigungsfrist verzichtet der Arbeitnehmende auf den auf die Kündigungsfrist entfallenden Lohn (u. Ferienansprüche). Ist der Arbeitnehmende danach arbeitslos, kann ein solcher Verzicht für ihn Folgen haben (Kürzung Taggeldanspruch infolge selbstverschuldeter Beendigung des Arbeitsverhältnisses). Geht die Motivation zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber aus, sollte das aus diesen Gründen in der Aufhebungsvereinbarung klar festgehalten werden.

    Bei der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses ist zu beachten, dass der Arbeitnehmer vor Ablauf eines Monats nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht auf Ansprüche aus zwingenden Bestimmungen des Gesetzes oder eines Gesamtarbeitsvertrages verzichten kann (Art. 341 OR). Dazu gehören u.a. Lohnfortzahlung bei Krankheit, Ferien, Überzeit etc.

    Die Situation im Einzelfall ist zu prüfen und in der Aufhebungsvereinbarung sind die Ansprüche zu regeln.

    Arbeitnehmende werden mit der Aufhebungsvereinbarung oft von der Arbeitsleistung freigestellt. Der Arbeitgeber verzichtet damit auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmenden und verpflichtet sich, den Lohn bis zu einem bestimmten Termin weiterzuzahlen. Bei einer Freistellung gelten Ferien vorbehältlich besonderer Situationen als bezogen.


    Arbeitsbestätigung, Arbeitszeugnis, Zwischenzeugnis

    Arbeitnehmende haben Anspruch auf eine Arbeitsbestätigung oder ein Arbeitszeugnis. Sie können jederzeit die Ausstellung eines Zwischenzeugnisses verlangen (Art. 330a OR).

    Arbeitsbestätigungen geben nur Auskunft über Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Dauer des Arbeitsverhältnisses, Pensum des Arbeitnehmenden und seine Funktion.

    Arbeitszeugnisse enthalten neben den Personalien des Arbeitnehmers und der Identifizierung des Arbeitgebenden Angaben zu Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmenden.

    Der Arbeitgebende formuliert das Arbeitszeugnis, der Arbeitnehmende hat keinen Anspruch auf bestimmte Formulierungen. Der Arbeitgebende hat das Arbeitszeugnis nach folgenden Grundsätzen zu verfassen:

    • Wohlwollen
    • Wahrheitsgebot
    • Klarheitsgebot
    • Vollständigkeit

    Verfahrensrecht

    Örtliche Zuständigkeit

    Für Klagen des Arbeitnehmenden oder des Arbeitgebenden kann die klagende Partei wählen zwischen dem Gericht am Sitz oder Wohnsitz der beklagten Partei oder dem Ort, an dem der Arbeitnehmende die Arbeit gewöhnlich verrichtet (Art. 34 ZPO).

    Für Stellensuchende und Arbeitnehmende, die sich auf das Arbeitsvermittlungsgesetz stützen, besteht ein zusätzlicher Gerichtsstand am Ort der Geschäftsniederlassung des Personalvermittlers oder des Personalverleihers.

    Auf diese Gerichtsstände können Arbeitnehmende und Stellensuchende weder im Voraus noch durch Einlassung verzichten. Ein abweichender Gerichtsstand im Arbeitsvertrag ist damit nicht zulässig. Nach entstehen des Rechtsstreits ist die Vereinbarung eines abweichenden Gerichtsstands jedoch zulässig.

    In internationalen Verhältnissen richten sich die Gerichtsstände nach Staatsvertrag (Lugano Übereinkommen) und bei fehlen eines solchen nach IPRG.

    Schlichtungsverfahren

    Können sich die Parteien nicht aussergerichtlich einigen, kann ein Schlichtungsverfahren eingeleitet werden. Die Schlichtungsbehörde versucht, zwischen den Parteien zu vermitteln. Kommt eine Einigung nicht zustande, stellt die Schlichtungsbehörde die Klagebewilligung aus.

    Bis zu einem Streitwert von CHF 2’000.00 kann die Schlichtungsbehörde auf Antrag des Gesuchstellers ein Urteil fällen.

    Bis zu einem Streitwert von CHF 5’000.00 kann die Schlichtungsbehörde auf Antrag des Gesuchstellers einen Urteilsvorschlag erlassen. Wird dieser nicht binnen 20 Tagen abgelehnt, gilt er als angenommen und der Urteilsvorschlag erwächst zum Urteil. Wird er abgelehnt, stellt die Schlichtungsbehörde die Klagebewilligung aus.

    Gerichtsverfahren

    Kommt vor der Schlichtungsbehörde keine Einigung zustande, kann die klagende Partei beim sachlich zuständigen Gericht Klage einreichen. Welches Gericht sachlich zuständig ist, richtet sich nach kantonalem Recht. Die Klage ist innert drei Monaten seit Eröffnung der Klagebewilligung einzureichen.

    Schiedsverfahren

    Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Schiedsverfahrens für Arbeitsrechtliche Streitigkeiten ist, dass die Streitigkeit schiedsfähig ist. Schiedsfähig sind nur Ansprüche, über welche die Parteien frei verfügen können (Art. 354 ZPO).

    Im Arbeitsrecht gibt es einige Ansprüche, welche auf zwingende und teilzwingende Vorschriften zurückgehen (Art. 361 u. Art. 362 OR). Auf diese können Arbeitnehmer vor Ablauf eines Monats nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht verzichten (Art. 341 OR) und damit nicht frei verfügen.

    Handelt es sich um Ansprüche aus zwingenden oder teilzwingenden Vorschriften, ist die Vereinbarung eines Schiedsgerichts vor Ablauf eines Monats seit Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zulässig. Das Bundesgericht hat die Rechtsprechung dazu in einem Urteil vom 18.04.2018 bestätigt (BGE 144 III 235).

    In internationalen Verhältnissen ist die Schiedsfähigkeit anders definiert. Erforderlich ist nur, dass es sich um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt (Art. 177 IPRG).



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