Eine Kündigung kommt in gewissen Lebenslagen zur Unzeit. Diese Fälle sind im Gesetz definiert. Sowohl Arbeitgebende als auch Arbeitnehmende können zur Unzeit kündigen (Art. 336c u. Art. 336d OR).
Wann liegt eine Kündigung zur Unzeit vor?
Eine Kündigung zur Unzeit liegt vor, wenn sie während einer Sperrfrist ausgesprochen wird. Es ist unerheblich, ob es sich um eine Teilzeit- oder Vollzeitstelle handelt.
Damit die Vorschriften über die Kündigung zur Unzeit zur Anwendung gelangen können, muss die Probezeit abgelaufen sein. Kündigungen während der Probezeit gelten nicht als zur Unzeit; m.a.W. gibt es während der Probezeit keine Sperrfristen.
Sperrfristen
Bei Kündigung des Arbeitgebenden
Die Sperrfristen für Kündigungen durch Arbeitgebende sind in Art. 336c OR abschliessend geregelt. Eine Kündigung des Arbeitgebenden zur Unzeit liegt vor, wenn sie ausgesprochen wird
- während der Arbeitnehmende obligatorischen Militär-, Schutz- oder Zivildienst leistet sowie in den vier Wochen vor und nach dem Dienst, wenn der Dienst mehr als elf Tage dauert
- während der Arbeitnehmende ohne eigenes Verschulden infolge Krankheit oder Unfall an der Arbeitsleistung verhindert ist (im ersten Dienstjahr während 30 Tagen, ab zweitem bis fünftem Dienstjahr während 90 Tagen, ab sechstem Dienstjahr während 180 Tagen; danach darf gekündigt werden)
- während der Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Geburt
- vor dem Ende eines verlängerten Mutterschaftsurlaubes infolge Hospitalisation des Kindes (Art. 329f Abs. 2 OR)
- solange der Anspruch auf Betreuungsurlaub nach Art. 329j OR besteht, längstens während sechs Monaten ab Beginn der Rahmenfrist
- während der Arbeitnehmende mit Zustimmung des Arbeitgebers an einer von einer zuständigen Bundesbehörde angeordneten Dienstleistung für eine Hilfsaktion im Ausland teilnimmt
Bei Kündigung des Arbeitnehmenden
Die Sperrfristen für Kündigungen von Arbeitnehmenden sind in Art. 336d OR abschliessend geregelt. Eine Kündigung des Arbeitnehmenden zur Unzeit liegt vor, wenn:
- der Arbeitnehmende die Funktion des Vorgesetzten oder des Arbeitgebers selbst auszuüben vermag und dessen Tätigkeit während Abwesenheiten auch zu übernehmen hat und
- der Vorgesetzte oder der Arbeitgeber selbst obligatorischen Militär-, Schutz- oder Zivildienst leistet sowie in den vier Wochen vor und nach dem Dienst, wenn der Dienst mehr als elf Tage dauert
Die Kündigung von Arbeitnehmenden zur Unzeit wird – wenn überhaupt – kaum je geltend gemacht.
Vereinbarung über Sperrfristen
Die Parteien können im Arbeitsvertrag längere Sperrfristen für Kündigungen des Arbeitgebenden oder eine kürzere Sperrfrist für die Kündigung des Arbeitnehmenden vereinbaren. Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Arbeitnehmenden sind jedoch nicht zulässig (Art. 361 und 362 OR).
Wann gelten keine Sperrfristen?
Während der Probezeit gelten keine Sperrfristen. Verlängert sich die Probezeit bspw. infolge einer Krankheit des Arbeitnehmenden, erfolgt eine Kündigung während der Verlängerung nicht zur Unzeit.
Der Arbeitnehmende kann sich nicht auf die Sperrfristen berufen, wenn er selbst gekündigt hat.
Befristete Arbeitsverhältnisse enden ohne Kündigung. Für diese Arbeitsverhältnisse gelten die Sperrfristen entsprechend nicht. Wurde eine Maximaldauer des Arbeitsverhältnisses vereinbart, sind die Sperrfristen bis zur Maximaldauer zu beachten.
Eine fristlose Kündigung beendet das Arbeitsverhältnis sofort. Lag für die fristlose Kündigung ein wichtiger Grund vor, sind die Sperrfristen nicht beachtlich. Lag kein wichtiger Grund vor, bleibt das Arbeitsverhältnis beendet, der Arbeitnehmende hat jedoch Anspruch auf den auf die verlängerte Kündigungsfrist entfallenden Lohn.
Bei einer Aufhebung des Arbeitsverhältnisses in gegenseitigem Einvernehmen sind die Sperrfristen unter Umständen zu beachten. Wird mit der Aufhebungsvereinbarung eine Gesetzesumgehung bezweckt, sind die Sperrfristen zu beachten. Läuft bereits eine Sperrfrist, muss der Arbeitgebende nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts dem Arbeitnehmenden angemessenen Ersatz leisten.
Krankheit und Unfall
Die Arbeitsverhinderung von Arbeitnehmenden infolge Krankheit oder Unfall löst eine Sperrfrist aus unabhängig davon, ob eine teilweise oder vollständige Arbeitsunfähigkeit vorliegt.
Mehrere Arbeitsverhinderungen aus unterschiedlichen Krankheiten oder Unfällen lösen je eigene Sperrfristen aus. Bei Rückfällen oder Folgeerkrankungen wird jedoch keine neue Sperrfrist ausgelöst.
Kündigung vor Beginn einer Sperrfrist
Wird eine Kündigung vor Beginn einer Sperrfrist ausgesprochen, ist die Kündigung gültig. Die Kündigungsfrist wird – vereinfacht gesagt – unterbrochen und um die Dauer der Sperrfrist verlängert.
Gilt für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Endtermin (Ende eines Monats oder einer Arbeitswoche), und fällt dieser nicht mit dem Ende der fortgesetzten Kündigungsfrist zusammen, so verlängert sich diese bis zum nächstfolgenden Endtermin. Das Bundesgericht berechnet die Kündigungsfrist aus einer retrospektiven Betrachtung.
Kündigung während einer Sperrfrist
Kündigungen, die während des Laufs einer Sperrfrist ausgesprochen werden, sind nichtig. Das Arbeitsverhältnis gilt nicht als beendet und wird fortgesetzt.
Was muss die gekündigte Partei tun?
Die gekündigte Partei, i.d.R. der Arbeitnehmende, sollte die andere Partei sobald als möglich schriftlich darauf aufmerksam machen, dass eine Sperrfrist läuft und dass die Kündigung während der Sperrfrist nichtig ist respektive sich die Kündigungsfrist verlängert, wenn die Kündigung vor Beginn der Sperrfrist ausgesprochen wurde.
Was muss die kündigende Partei tun?
Wurde die Kündigung vor Beginn der Sperrfrist ausgesprochen, muss die kündigende Partei nichts tun. Die Kündigung ist gültig und das Arbeitsverhältnis endet nach Ablauf der um die Sperrfrist verlängerte Kündigungsfrist.
Wurde dagegen die Kündigung während einer Sperrfrist ausgesprochen, ist die Kündigung nichtig. Die kündigende Partei, i.d.R. der Arbeitgebende, kann nach Ablauf der Sperrfrist die Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist wiederholen.
Anspruch auf Wiederanstellung?
Ist eine Kündigung während einer Sperrfrist ausgesprochen worden, ist sie nichtig. Das Arbeitsverhältnis gilt nicht als beendet. Eine Wiederanstellung ist deshalb nicht nötig.
Bei einer Kündigung vor Beginn einer Sperrfrist ist die Kündigung gültig (es sei denn, sie leidet an einem anderen Mangel) und das Arbeitsverhältnis gilt als beendet. Es besteht kein Anspruch auf Wiederanstellung.
Verhältnis zur Missbräuchlichen Kündigung
Ist die Kündigung missbräuchlich – etwa weil sie ausgesprochen wurde, weil der Arbeitnehmende Militärdienst leisten musste – gilt das Arbeitsverhältnis trotzdem als beendet. Dem Arbeitnehmenden steht in diesem Fall eine Entschädigung wegen der Missbräuchlichkeit der Kündigung zu.
Verhältnis zur fristlosen Kündigung
Wird die Kündigung vor oder während einer Sperrfrist fristlos ausgesprochen und sind die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung nicht erfüllt, gilt das Arbeitsverhältnis dennoch als fristlos beendet. Der Arbeitnehmende hat jedoch Anspruch auf den Lohn, der auf die Dauer der verlängerten Kündigungsfrist entfallen wäre und allenfalls auf eine zusätzliche Entschädigung.