Die per 01.01.2023 in Kraft getretene Revision des Aktienrechts betrifft sowohl nicht-kotierte als auch kotierte Gesellschaften. Der Fokus wird hier auf die nicht-kotierten KMU gelegt.
Aktienkapital
- Die Bestimmungen über die Sachübernahme nach der Gründung und Aktienkapitalerhöhung wurden abgeschafft.
- Der Nennwert einer Aktie kann weniger als 1 Rappen sein (Art. 622 Abs. 4 OR).
- Das Aktienkapital kann in einer Fremdwährung geführt werden, wenn diese Währung für das Unternehmen gängig ist (zulässig sind: GBP, EUR, USD, YEN; Art. 45 u. Anhang 3 HRegV).
- Die Währungsänderung ist auf Anfang eines Jahres möglich, eine Statutenänderung u. GV-Beschluss sind nötig (Art. 621 Abs. 3 OR).
- Bei der Gründung muss die Fremdwährung mind. CHF 100’000 (bzw. mind. CHF 50’000 bei nicht vollständiger Liberierung) entsprechen (Art. 621 Abs. 2 OR)
- Partizipationsscheine müssen in der gleichen Währung sein wie das Aktienkapital (Art. 656a Abs. 1 OR).
- Neu wurde das Instrument des Kapitalbands geschaffen
- Kapitalerhöhungen und Herabsetzung im Umfang von bis zu 50% sind während eines Zeitraums von 5 Jahren möglich
- Die Veränderungen müssen in den Statuten nachgeführt werden
- Der VR zuständig, die VR-Beschlüsse müssen öffentlich beurkundet werden
- Ein Kapitalband ist auch für Partizipationsscheine möglich (Art. 656 Abs. 4 Ziff. 4 OR)
- Kapitalherabsetzung
- Die Kapitalherabsetzung braucht nur einmal im SHAB publiziert zu werden (Art. 653k Abs. 1 OR)
- Bei Opting-Out ist eine Kapitalherabsetzung nicht möglich (Art. 653s Abs. 4 OR).
- Bei Kapitalherabsetzung u. gleichzeitige Erhöhung (Harmonika) in Fremdwährung muss das Aktienkapital wieder mind. CHF 100’000 entsprechen (Art. 653j Abs. 3 OR)
Dividenden und Ausschüttungen
- Interimsdividenden aus dem laufenden Gewinn sind möglich (Art. 675a OR)
- Zwischenabschluss erforderlich, Vereinfachungen möglich (Art. 960f OR)
- Zwischenabschluss muss durch GV genehmigt werden (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 5 OR)
- Zwischenabschluss muss von der Revisionsstelle geprüft werden. Keine Prüfung erforderlich bei Opting-Out oder Verzicht sämtlicher Aktionäre, vorausgesetzt, die Forderungen der Gläubiger werden nicht gefährdet (Art. 675a Abs. 2 OR)
- Die gesetzliche Kapitalreserve (Agio etc.) darf an die Aktionäre zurückbezahlt werden, wenn die gesetzlichen Kapital- und Gewinnreserven, abzüglich des Betrags allfälliger Verluste, die Hälfte (bei Holdinggesellschaften 20%) des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals übersteigen (Art. 671 Abs. 2 OR, Art. 671 Abs. 3 OR)
- Rückerstattungsanspruch der Gesellschaft bei unberechtigten Ausschüttungen an VR, Geschäftsleitung oder Beirat (Art. 678 OR); Verjährungsfrist 3 Jahre (Art. 678a OR)
Aktionärs- und Minderheitenrechte
- 10% des AK beziehungsweise der Stimmrechte genügen, um vom VR Auskünfte zu verlangen, Beantwortung innert 4 Monaten
- 5% des AK beziehungsweise der Stimmrechte genügen, um ohne Ermächtigung der GV Einsicht in Geschäftsbücher und Korrespondenz zu verlangen.
- 5% des AK beziehungsweise der Stimmrechte genügen, um Traktandierung von Gegenständen für die GV u. die Einberufung einer ao. GV zu verlangen.
Digitale Technologien
- Generalversammlungen können per Video-Konferenz abgehalten werden (Art. 701d ff. OR).
- Grundlage in Statuten nötig.
- Digitale VR-Sitzung möglich (Art. 713 Abs. 2 OR)
Klagen der Aktionäre
- Die GV kann beschliessen, dass die Gesellschaft eine Rückerstattungsklage (Art. 678 Abs. 5 OR) oder Verantwortlichkeitsklage (Art. 756 Abs. 2 OR) gegen ein Organ einreichen muss (Art. 678 Abs. 5 OR)
- Die Verjährungsfrist beträgt 3 Jahre
Liquidität und Überschuldung
- Die Liquidität der Gesellschaft steht im Mittelpunkt.
- Der VR muss die Liquidität laufend überwachen und bei begründeter Besorgnis einer Zahlungsunfähigkeit Massnahmen ergreifen
- Bei begründeter Aussicht auf Beseitigung einer Überschuldung innert angemessener Frist, besteht keine Pflicht, die Bilanz beim Richter zu deponieren. Die Forderungen der Gläubiger dürfen nicht zusätzlich gefährdet werden.
Statuten und Organisationsreglemente
Bestehende Statuten und Organisationsreglemente müssen angepasst werden, um die Flexibiität des revidierten Aktienrechts nutzen zu können.
Übergangsrecht
- Grundsätzlich gelten die revidierten Bestimmungen sofort.
- Es besteht eine Übergangsfrist von zwei Jahren für einzelne Themen, bspw.: Statutenbestimmungen und Reglemente, welche dem neuen Recht widersprechen, bleiben längstens bis 01.01.2025 in Kraft.
- Bereits vor 01.01.2023 genehmigte Kapitalerhöhungen und Kapitalerhöhungen aus bedingtem Kapital unterliegen weiterhin bisherigem Recht. Die Beschlüsse der GV können jedoch nicht mehr geändert oder verlängert werden.
- Etc.
Buchführung, Bilanz, Erfolgsrechnung, Steuern
- Aktienkapital in Fremdwährung
- Buchführung und Abschluss in der Fremdwährung zu erstellen (Art. 621 Abs. 2 OR)
- Gewinnsteuer: Durchschnittlicher Kurs Verkauf in CHF umzurechnen für (Art. 31 Abs. 3bis StHG, Art. 80 Abs. 1bis DBG)
- Kapitalsteuer: Kurs per ende Geschäftsjahr massgebend (Art. 31 Abs. 5 StHG)
- Bilanz
- Unter Eigenkapital zu führen (Art. 959a Abs. 2 Ziff. 3 OR) sind:
- freiwillige Gewinnreserven
- eigene Kapitalanteile als Minusposten
- Gewinnvortrag oder Verlustvortrag als Minusposten
- Jahresgewinn oder Jahresverlust als Minusposten
- Aufwertungsreserven sind gesondert unter gesetzlicher Gewinnreserve aufzuführen (Art. 725c Abs. 1 OR)
- Die Reserve für eigene Aktien im Konzern ist gesondert unter der gesetzlichen Gewinnreserve aufzuführen (Art. 659b Abs. 2 OR)
- Im Anhang der Jahresrechnung muss Auskunft gegeben werden über:
- Anteile, die von kontrollierten Gesellschaften gehalten werden (Art. 959c Abs. 2 Ziff. 4 OR)
- Die Gründe für einen vorzeitigen Rücktritt oder Abberufung der Revisionsstelle (Art. 959c Abs. 2 Ziff. 14)
- Kapitalerhöhungen u. -herabsetzungen in einem Kapitalband (Art. 959c Abs. 2 Ziff. 15)
- Unter Eigenkapital zu führen (Art. 959a Abs. 2 Ziff. 3 OR) sind:
- Verrechnung von Verlusten
- Vorgaben für die Reihenfolge der Verrechnung (Art. 674 OR):
- mit Gewinnvortrag
- mit freiwilligen Gewinnreserven
- mit der gesetzlichen Gewinnreserve
- mit der gesetzlichen Kapitalreserve
- Statt der Verrechnung mit der gesetzlichen Gewinnreserve oder der gesetzlichen Kapitalreserve darf der Verlust auf die neue Rechnung vorgetragen werden (Art. 674 Abs. 2 OR)
- Vorgaben für die Reihenfolge der Verrechnung (Art. 674 OR):
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